Wir impfen einfach alle, dann haben wir das Virus besiegt! – eine kognitive Verzerrung

Emotionale Reaktionen können durchaus richtig und wichtig sein. So ist die Angst und die Vorsicht als Reaktion auf eine potentielle Bedrohung menschlich und sinnvoll. Muss man schnell handeln, etwa beim Autofahren, fehlt die Zeit zum Nachdenken und wir müssen uns sogar auf unser Gefühl, unsere Intuition verlassen.

Doch häufig stehen einfache Heuristiken, also einfache Regeln nach denen wir Entscheidungen treffen ohne darüber nachzudenken, komplexen Phänomenen gegenüber.

Die einfache Heuristik: „Wir impfen einfach alle, dann haben wir das Virus besiegt!“ ist leicht zu begreifen und sie ist leicht verständlich. Aber müsste nicht langsam klar und deutlich werden, dass sie falsch ist?

Eine einfache Heuristik bei einem Virus anzuwenden, also bei einem Phänomen der Natur, die äußerst komplex und für das menschliche Gehirn schwer zu erfassen ist, kann nicht hilfreich sein. Sie ist allem Anschein nach auch nicht aus einer Intuition natürlich entstanden, sondern wurde viel eher künstlich erzeugt, ständig wiederholt und gepredigt bis sie geglaubt wurde.

Nun bemerken wir, oder sollten zumindest bemerken, dass diese einfache Heuristik uns getäuscht hat, dass wir einer kognitiven Verzerrung unterliegen.

Kognitive Verzerrungen sind Denkfehler, die entstehen, wenn wir zu einfach denken, zu einfach gestellte Fragen beantworten, obwohl ein komplexes Problem vorliegt. Wenn wir eine Sache nicht bewusst durchdenken, weil wir zu faul oder weil wir abgelenkt sind. Es fällt unserem Gehirn leichter und ist energiesparender, wenn wir einfache und schnelle Antworten geben oder an diese glauben, statt energieverbrauchend nachzudenken.

Die von Kahnemann sogenannte kognitive Leichtigkeit entsteht, wenn wir bestimmte Dinge immer wieder sehen, wenn sie wiederholt werden, oder wenn sie aus einer bekannten Quelle stammen. Dann kommen sie uns vertraut vor und wir bezweifeln sie nicht mehr, obwohl sie falsch sein können. Wir sind sozusagen leichtgläubig geworden, unterliegen jedoch einer Illusion.

Im Fall von Covid 19 liegt nach meiner Ansicht ein Fall von kognitiver Leichtigkeit (Kahnemann) und narrativer Verzerrung (Taleb) vor. Wir sind nicht mehr in der Lage, die Heuristik: „Wir impfen alle, dann haben wir das Virus besiegt.“ zu hinterfragen oder intensiv darüber nachzudenken. Die Erzählung, das Narrativ, dass vom Anfang der Maßnahmen an mit starken Bildern von Corona-Toten und schlimmen Krankheitsverläufen aufgebaut wurde, also das Narrativ von der Gefährlichkeit des Virus, ist zu stark. Diese Bilder bekommen wir nicht mehr weg und sie beeinflussen unser Denken.

Die Impfung ist so populär und wird von einer enorm großen Anzahl an Menschen angenommen, weil sie vorher das Narrativ von der Gefährlichkeit verinnerlicht haben, ohne selbst rational und intensiv darüber nachzudenken. Die Geschichte und die Bilder sind im Kopf so fest verankert, dass keine Statistik keine Wahrscheinlichkeitsrechnung oder andere Fakten sie beeinflussen könnten. Das ist die narrative Verzerrung. Sie kann zu vollkommen falschen und gefährlichen, auch zu tödlichen Handlungen führen.

Dabei ist doch relativ klar, dass ein Virus, das zu einer Gruppe gehört – den Corona-Viren, die schon immer Erkältungen beim Menschen verursacht haben, wohl kaum besiegt werden kann. Darauf könnte man kommen, wenn man in die Geschichte schaut, etwas mehr über Viren weiß, sich die Statistiken und Wahrscheinlichkeiten ansieht und die Sache langsam und bewusst durchdenkt. Dann könnte man auch eine sinnvolle Strategie entwickeln, statt von einer Maßnahme zur nächsten zu stolpern.

Noch gefährlicher wird es, wenn kognitive Verzerrungen nach Kahnemann und Taleb mit der Massenpsychologie LeBons zusammenkommen. Wenn also voreilig falsche Schlüsse gezogen und falsche Entscheidungen getroffen werden, diese sich in der Masse ausbreiten und zu Glaubenssätzen werden. Dann gibt es Menschenmassen, die etwas glauben, dass jedoch auf einer falschen Wahrnehmung, oder falschen Interpretation beruht.

Der einmal gemachte Fehler breitet sich somit aus. Je mehr Menschen an ihn bzw. an die auf ihm gründenden neuen Regeln und Gesetze glauben und sich dementsprechend verhalten, desto stärkere Auswirkungen hat der Fehler. Erst wenn diese Auswirkungen so groß werden, dass sie das Leben bedrohen oder vernichten, kann der Fehler erkannt werden.

Tom Reimer

November 2021

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